Samstag, 4. Februar 2012

馬英九 Mǎ Yīngjiǔ

Mit dem Bus geht es tief in die Hügellandschaft Pingxi, nahe Taipei. Da es keine freien Sitze mehr gibt, verbringe ich die knappe Stunde bis zum Ziel auf dem Boden, und beobachte, wie die im Nebel versinkenden Berge an mir vorbei ziehen. Immer wieder führt der Weg über Brück, entlang dunkler Flüsse die sich tief in den Fels gegraben haben, vorbei an Fasserfällen. Hier und da kommen wir an einem kleinen Dorf vorbei, aus Wellblechhäuschen, oder dem traditionellen, roten Backstein. Vor den Haustüren stehen alte Frauen und beobachten wie ein Bus nach dem anderen zwischen den Hügeln verschwindet. Es geht zum Himmels-Lichter Fest.
Der kleine Ort am steilen Flussufer ist voll von Menschen. Überall drengen sich die Menschen zu den Essensbuden, kaufen gegrillte Reh-Spiesse, fritierte Tintenfische, oder Doumbling. Das wichtigste ist allerdings die Laterne, so ein ca. 1.5 m hoher Ballon aus Papier, auf den man seine Wünsche schreibt und dann am Abend in den Himmel steigen läst. Der Anblick ist ... unbeschreiblich. Tausende von diesen Lichtern steigen an diesem Abend in den Himmel und leuchten mit ihrem orangen Licht noch aus weiter Ferne, bevor sie dann als schwarze Schatten wieder zur Erde segeln. Einige dieser Laternen allerdings haben weniger Glück, fangen Feuern oder verfangen sich in Stromkabeln...
Ich stehe auf einer Brücke, rauche eine Zigarette und beobachte wie sich die Laternen im Wasser des Flusses spiegeln, als aus dem Bäumen 300 Laternen gesponsort von Taiwans Nationalpartei in den Himmel steigen, das zeichen für mich, mich bald auf den Weg zum Bus zu machen, wenn ich noch heute zu Hause ankommen will. Und währen Meng Zhi und ich uns durch die Menschenmenge schieben, kommen uns auf einmal ganz viele Polizisten entgegen, die alle Leute zur Seite schieben, und uns daran erinnern nur die rechte Hand hin zu halten... und WAAS, 馬英九 Mǎ Yīngjiǔ, Taiwans Präsident kommt? Und tatsächlich, der Präsident läuft den Weg hinunter,normale trainer Jacke, freundlich... alle grüssend. Als er mich sieht, fragt er mich sogleich, woher ich kommen würde... und verabschiedet sich mit den Worten "es freut mich"!... Ja mich auch - wenn das mal kein Erlebnis ist.

Bilder (von den Laternen, nicht vom Präsidenten) kommen...

Freitag, 3. Februar 2012

Drei Bilder

Es ist schon eine Weile her, als ich das letzte mal etwas geschrieben habe und um ehrlich zu sein, fällt mir auch dieses Mal nicht sonderlich viel ein. Taiwan ist einfach nicht mehr exotisch genug für mich, auch wenn ich hin und wieder über gewisse Dinge staune...
Aus diesem Grund nur ein kurzer Kommentar zu den letzten drei Bildern.
Das zweite Bild (von oben nach unten) zeigt das Regierungsgebäude in Taipei, welches ich mir am Freitag vor den Wahlen 2012 noch einmal angeguckt habe, in der Hoffnung, dass es hier nach den Wahlen zu wilden Auseinandersetzungen zwischen den Anhängern der Nationalpartei und denen der Opposition kommen wird und ich dann sagen kann "ICH WAR HIER". Mein Hoffen war vergebens. Die Nationalpartei wurde wiedergewählt und das mit deutlicher Mehrheit... was Ansgesichts der politischen Veränderungen in der Welt zumindest im Moment vielleicht noch besser ist.
Das dritte Bild zeigt meine Einkäufe zum chineischen Neujahr. Es gibt getrocknete Drachenaugen, getrocknete Früchte, spezielles Gebäck und zwei Flschen "Yuan Zhu Min" Wein. Das Beste ist allerdings auf diesem Bild nicht zu sehen: Ich habe Majian gelernt, diese chinesiche Spiel mit den Steinen, auf denen lauter verschiedene Zeichen drauf sind. Ganze Nachtmittage habe ich so spielend verbracht.. wozu sonst hat man eine Woche frei.
Das vierte Bild zeigt einen Tempel in einem Park in Taipei, nahe dem Regierungsgebäude und würde ganz gut zu einem Text über die Tempel in Taiwan passen, den ich vor einiger Zeit begonnen hatte zu schreiben...
Denn in Taiwan gibt es zwei Arten von Tempeln. Die einen sind solche, wie auch auf diesem Bild abgebildet. Diese Art von Tempel ist für das Jenseits, das Leben nach dem Sein, oder dem Sein nach dem Leben... die andere Art von Tempel ist für die kleinen Wünsche des Diesseits. Erkennbar sind sie an leuchtenden Schildern auf denen 7/11, Family Mart, oder ähnliches steht. Wer so einen Tempel betritt, dem werden alle irdischen Wünsche gegen eine kleine Spende erfüllt. Bier, Essen, Überweisungen, Zugtickets, Müll-Entsorgung, eine warme Tasse Caffee, selten auch mal Klavier live-Musik. Von beiden Arten von Tempeln gibt es mehr als 5000 Stück in Taiwan und ebenfalls gemein ist ihnen der sichere, unerschütterte Glaube der Taiwanesen in sie.

Fragen, Diskussionen u.ä. bitte nicht zögern!

Montag, 2. Januar 2012

新年快樂 - Happy New Year und was davor war.

Bevor ein neues Jahr beginnen kann, muss das alte erst einmal würdig beendet werden. Gehen wir einmal eine Woche zurück, oder auch zwei – es ist eh nicht so wichtig. Wichtig ist, dass noch alles getan wird, was 2011 noch getan werden muss. Aus diesem Grund habe ich mir ein Busticket in den Süden gekauft um... nein, der eigentliche Grund war, dass ich nach drei Wochen Dauerregen in Taipei, zwischen all diesen Betonbauten endlich wieder in die Sonne wollte, in den Süden der Insel, wo es schön warm ist und wo die Betonbauten nicht ganz so hoch sind. Tatsächlich scheint sich die Landschaft mit jedem Kilometer zu verändern... aus nass graugrün wird orangegrün, wird Frühling.
Hier und da ein paar abgemähte Zuckerrohrfelder, Reisfelder, alte Fabriken, ausgetrocknete Flussbetten in denen ein paar Bauern Gemüse anbauen und weisse Vögel nach Würmern stochern...Gegen Abend komme ich in Kaohsiung an. Es ist war, ein leichter Abendwind weht mir meine Haare in die Augen und mit einem Rollkoffer in der einen Hand, Meng Zhi 孟芷 in der anderen schlender ich durch die Strassen von Kaohsiung – es könnte nicht besser sein.

Es ist fast eineinhalb Jahre her, da habe ich einigen in Taiwan versprochen, dass ich zurück nach Taiwan kommen werde – nächstes Jahr! Es ist also höchste Zeit. Der zweite Tag im Süden besuche ich alte Freunde und Bekannte unter anderem meine alte Gastfamilie. Eigentlich wollte ich nur mal vorbei schauen, statt dessen gab es eine (gefühlt) halbe Kuh zum essen (gegrillt), Wein, Fisch, Bananen, Tee als Willkommensgeschenk, viele Fotos und mehr. Der Schulleiter und seine Frau sind auch da und Pong Pong. Pong Pong? Richtig, das war der, der mir mal seine Gitarre für eine Weile geliehen hatte (da er, wie er sagt, eh nie drauf spielt und noch ganz viele andere hat) und als Pong Pong aus seinem Auto steigt, fröhlich wie sein Name schon klingt, trägt er die besagte Gitarre in der Hand. „here for you, I’ve promised you, next time you come to Taiwan I’ll give it to you“... richtig, das hatte er mal, aber dass er das ernst meinte? Und heute war also “next time”. Ich frage zur Sicherheit noch einmal nach, und noch einmal, und... aber Pong Pong bleibt dabei. Die Gitarre gehört mir.

Am dritten Tag fahre ich mit dem Bus und mit der Gitarre zurück in den Norden. Aus dem Frühling wird wieder graugrün und dunkel, doch meine Laune bleibt. Zumindest für eine ganze Weile. Sogar als ich am Montag wieder in das Büro schlendere, pfeifend wie immer, ist alles nur halb so schlimm. Zumindest für eine ganze Weile.

Es gibt da eine Ecke bei uns in der Wohnung, bzw. es gibt da viele Ecken in der Wohnung, aber die meisten sind leer und dunkel. Aber es gibt da eine Ecke, da stehen auf der Fensterbank zwei Zimmerpflanzen, ein paar Fotos, Malereinen, ein Schaf (aus zwei Pfeifenstopfern gebastelt) und ein Fotoalbum, was darauf wartet vollgeklebt zu werden. In dieser Ecke stehen auch zwei Stühle und ein alter Gartentisch. Wenn nicht gearbeitet werden muss, kann man hier wunderschön sitzen, etwas hinaus über die Stadt und die Hügel gucken, wie sie hinter einem Regenschleier verschwinden. Seit neusten kann man hier auch sitzen und Kaffee trinken. Vor ein paar Tagen, auf dem Weg zum Kino, komm ich plötzlich an einem kleinen Laden vorbei in dem es Töpfe, Teller, Vasen, Teekannen, Schüsseln, Schalen, Löffel, Stäbchen, Gläser, Woks, Krüge und noch viel mehr gibt und eben auch eine Kaffeekanne. Eine im spätromantischen Stil, oder wie aus einem alten Bahnhofrestaurant der 1920. Höchstwahrscheinlich nicht original, aber passend und schön.

Mein Jahr 2011 endet mit einer neuen Gitarre, einer Kaffekanne, ein paar Zigarillos und ein paar Dosen Bier. Zu essen gibt es Pizza und das Feuerwerk was hinter einer Rauchwolke verschwindet versucht dem Jahr zu einem würdigen Ende zu verhelfen. Das neue Jahr hingegen fühlt sich eher an wie Montag morgen. Es ist wieder grau, die Seiten meiner Gitarre habe ich immer noch nicht neu aufgezogen dafür hat meine Chefin andere Seiten aufgezogen, als ich am Montag ins Büro komme.
Aber eigentlich ist ein neues Jahr auch nichts anderes, als eine neue Woche, nur etwas länger, und gegen Ende wird es immer besser.